Rente und Schwerbehinderung bei Mastozytose

Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen in ihrem Leben sehr eingeschränkt sind, können verschiedene Sozialleistungen erhalten. So kann es sein, dass Menschen mit einer Mastozytose nicht mehr oder nur teilweise arbeiten können. Dann kann eine bestimmte Form der Rente, die sogenannte Erwerbsminderungsrente beantragt werden. Gleichzeitig kann es sein, dass sich die Mastozytose auch auf das gesamte Leben auswirkt. Dann ist es sinnvoll, einen Versorgungsantrag zur Feststellung des Grades der Behinderung zu stellen.

Was ist allgemein bei Antragstellung zu beachten? 

Die Erwerbsminderungsrente und der Grad der Behinderung sind unabhängig voneinander zu betrachten: Bei dem Anspruch auf Erwerbsminderungsrente geht es darum, ob und in welchem Umfang eine Person arbeiten kann. Bei dem Grad der Behinderung hingegen wird betrachtet, wie sich eine gesundheitliche Beeinträchtigung auf die Teilhabe am gesamten Alltagsleben auswirkt. 

Beides ist getrennt voneinander zu beantragen. Einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellt man bei der Deutschen Rentenversicherung. Einen Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung reicht man bei dem regional zuständigen Versorgungsamt ein. 

Auch wenn es sich um zwei verschiedene Verfahren handelt, so ähneln sich doch die Anträge hinsichtlich der einzureichenden Unterlagen und Angaben. Bei beiden Anträgen geht es darum, dass medizinische Gutachterinnen und Gutachter beurteilen können, inwieweit sich der gesundheitliche Zustand negativ auf das Leben der Antragstellerin oder des Antragstellers auswirkt. 

Wichtig ist, dass alle Beschwerden und Beeinträchtigungen in einem Antrag enthalten und, wenn möglich, durch aktuelle medizinische Unterlagen belegt sind. 

Tipp: Bei Menschen mit Mastozytose können die Beschwerden mitunter sehr vielfältig sein. Wenn einzelne Felder in den offiziellen Antragsformularen nicht ausreichend Platz bieten, können weitere Dokumente als Anlage hinzugefügt werden. 

Medizinische Gutachterinnen und Gutachter prüfen die Anträge 

Mastozytose tritt nur sehr selten auf. So kann es sein, dass die Erkrankung der jeweiligen Gutachterin oder dem Gutachter noch nie begegnet ist. Das erschwert die Einschätzung der Situation. In einem Antrag sollte deshalb nicht nur die Mastozytose als Grunderkrankung angegeben werden, sondern alle Beschwerden und Beeinträchtigungen. Das können etwa Erschöpfung, Unverträglichkeiten oder das Mitführen eines Notfallsets sein.

Tipp:

Sprechen Sie im Vorfeld mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem Arzt über den Antrag. Arztbriefe sollten die einzelnen Auswirkungen Ihrer Beschwerden möglichst detailliert darstellen. 

Es kann hilfreich sein, eine Liste oder eine Art Verlaufstagebuch anzulegen. Was kann ich nicht? Warum kann ich das nicht? Wie oft habe ich die jeweiligen Beschwerden? In welchen konkreten Situationen habe ich wegen meiner Erkrankung Probleme? Diese und weitere Fragen können bei einer Selbsteinschätzung helfen, die Ihre Situation auch für Außenstehende möglichst übersichtlich und verständlich wiedergibt. 

Wer bekommt eine Erwerbsminderungsrente? 

Wer wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten kann, kann eine Erwerbminderungsrente erhalten. 

Der Anspruch ist an verschiedene Bedingungen geknüpft: 

  • Der Gesundheitszustand erlaubt es nicht, sechs oder mehr Stunden täglich zu arbeiten (das gilt für jeglichen und nicht ausschließlich für den erlernten Beruf). 
  • Vor Eintritt in die Erwerbsminderungsrente ist man mindestens fünf Jahre bei der Deutschen Rentenversicherung versichert – die sogenannte Wartezeit. 
  • In den letzten fünf Jahren wurden mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge gezahlt, wie es der Fall bei einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis ist. 
  • Das reguläre Rentenalter ist noch nicht erreicht. 

Die Höhe der Erwerbsminderungsrente

Die Höhe der Rente wegen Erwerbsminderung richtet sich nach den individuellen Rentenansprüchen. Grundsätzlich wird unterschieden zwischen einer vollen und einer teilweisen Erwerbsminderung. Entscheidend dabei ist, wieviel Stunden Betroffene trotz ihrer gesundheitlichen Einschränkungen noch arbeiten können – und das unabhängig vom erlernten Beruf: 

  • Wer weniger als drei Stunden täglich arbeiten kann, gilt als voll erwerbsgemindert. 
  • Wer drei bis sechs Stunden täglich arbeiten kann, gilt als teilweise erwerbsgemindert. 
  • Wer mehr als sechs Stunden täglich arbeiten kann, gilt nicht als erwerbsgemindert. 

Teilweise erwerbsgeminderte Menschen erhalten die halbe Erwerbsminderungsrente. 

Anmerkung: Es gibt Menschen, die zwar drei bis sechs Stunden täglich arbeiten können, aber wegen der geringen Stundenzahl keinen Job bekommen. In diesen Fällen kann es sein, dass eine volle Erwerbsminderungsrente gewährt wird. 

Reha vor Rente

Bei einem Antragsverfahren gilt prinzipiell der Grundsatz: Reha vor Rente. Das bedeutet, dass die Rentenversicherung zunächst prüft, ob die Erwerbsfähigkeit durch eine medizinische oder berufliche Rehabilitation wiederhergestellt werden kann. 

Der Grad der Behinderung (GdB) – Was bedeutet er?

Eine Behinderung kann die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigen. Der Grad der Behinderung (GdB) ist ein Maß, das die Schwere dieser Beeinträchtigung beziffert. Geistige, körperliche, seelische und soziale Aspekte werden bei der Feststellung des GdB berücksichtigt. Beschwerden, die für das jeweilige Alter typisch sind, fließen nicht mit ein. 

Der Gesamt-GdB wird nicht, wie oft angenommen, in Prozent angegeben. In Zehnerschritten kann er Werte zwischen 20 und 100 einnehmen. Ein höherer Wert steht dabei für eine schwerere Behinderung. Ab einem GdB von 20 spricht man von einer Behinderung, bei Werten von 50 und höher von einer Schwerbehinderung. 

Anmerkung: Für Menschen, die die Voraussetzungen für eine Schwerbehinderung nicht erfüllen, aber einen GdB von mindestens 30 haben, kann ein Antrag auf Gleichstellung infrage kommen. Bedingung dafür ist, dass die Gefahr besteht, durch die Behinderung keine Arbeitsstelle zu erlangen oder einen bestehenden Job zu verlieren. Das Ziel der Gleichstellung ist es, Nachteile auf dem Arbeitsmarkt auszugleichen. Den Antrag stellt man bei der Arbeitsagentur

Wie wird der Grad der Behinderung ermittelt? 

Bei der Prüfung eines Antrags richten sich die medizinischen Gutachterinnen und Gutachter nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen der Versorgungsmedizin-Verordnung. Diese Grundsätze dienen als Vorgabe, um verschiedene gesundheitliche Einschränkungen zu beziffern, also einem GdB zuzuordnen. Wer zum Beispiel beide Beine verloren hat, erhält einen GdB von 100. 

Bei einer systemischen Mastozytose ist die Situation allerdings weit weniger eindeutig. Die Symptome können vielfältig sein und unterschiedliche Organe betreffen. Jede Beeinträchtigung wird zunächst einzeln bewertet. Im Anschluss werden die einzelnen Beschwerden nicht aufaddiert. Sie fließen vielmehr in die Gesamtbewertung des GdB ein. 

Für die Gesamtbewertung wird zunächst die Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB betrachtet. Ausgehend davon wird beurteilt, ob weitere Gesundheitsstörungen vorliegen, die nicht in wechselseitiger Beeinflussung zur sogenannten „führenden“ (also schwersten) Behinderung stehen. Sollte dies der Fall sein, kann der Einzel-GdB dieser am höchsten bewerteten Funktionsbeeinträchtigung in der Regel um maximal 20 weitere Punkte erhöht werden, sodass sich daraus der endgültige Gesamt-GdB ergibt. Es ist daher wichtig, dass bei dem Antrag deutlich wird, welche genauen Auswirkungen die einzelnen Beschwerden auf das Leben und den Alltag haben. 

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Behinderung – Hilfen sollen Nachteile ausgleichen 

Menschen mit einer Behinderung haben Anspruch auf verschiedene Hilfen, sogenannte Nachteilsausgleiche. Ihr Zweck ist es, Nachteile, die wegen der Behinderung bestehen, abzumildern. 

Es gibt zahlreiche Nachteilsausgleiche, die verschiedene Lebensbereiche umfassen. Dazu zählen ein besonderer Kündigungsschutz, steuerliche Vergünstigungen, die Nutzung von Behindertenparkplätzen und die Altersrente für schwerbehinderte Menschen, um hier nur einige Beispiele zu nennen. Wer Anspruch auf welche Nachteilsausgleiche hat, ist individuell unterschiedlich und hängt davon ab, welcher Grad der Behinderung vorliegt und welche konkreten Nachteile durch die Behinderung entstehen. 

Beratungsangebote nutzen

Welche Angaben benötigen die medizinischen Gutachterinnen und Gutachter? Wie können die vorliegenden Beschwerden plausibel und klar dargestellt werden? Welche Fristen sind zu beachten? Fragen dieser Art helfen, eine Antragstellung gut vorzubereiten und zu planen. Weil Mastozytose eine seltene und komplexe Erkrankung ist, ist die gute Vorbereitung für Menschen mit Mastozytose besonders wichtig. 

Verschiedene Beratungsangebote können bei der Antragsstellung unterstützen. Hierzu zählen: 

Zusammenfassung: Rente und Schwerbehinderung bei Mastozytose

Menschen mit einer Mastozytose haben mitunter einen sehr hohen Leidensdruck und können unter Umständen sowohl beruflich als auch privat eingeschränkt sein. Eine Rente wegen Erwerbsminderung und einen Schwerbehindertenausweis zu erhalten, ist aber oft sehr schwierig. Das liegt daran, dass Mastozytose eine seltene Erkrankung ist und die Symptome oft unspezifisch sind. 

Weiterhören

Einen Grad der Behinderung (GdB) zugesprochen zu bekommen, ist für Menschen mit einer systemischen Mastozytose mitunter nicht leicht. In der Folge 5 unsere Podcasts Mastozytose verstehen: Leben mit einer seltenen Erkrankung unterhaten sich Nicole Hegmann (Vorsitzende des Mastozytose Selbsthilfe Netzwerks) mit ihren beiden Gästen Mathias Klose und Jan Hirschhäuser. Mathias Klose ist Fachanwalt für Sozialrecht. Jan Hirschhäuser unterstützt beim Mastozytose Selbsthilfe Netzwerk Menschen mit Mastozytose bei der Antragstellung und hat dementsprechend einige Tipps auf Lager.

Sind Menschen durch Mastozytose nicht (voll) einsatzfähig, wird das Thema Erwerbsminderungsrente wichtig. Matthias Klose, Fachanwalt für Sozialrecht, tauscht sich in der Podcastfolge 6 Antrag auf Erwerbsminderungsrente bei Mastozytose mit Nicole Hegmann zu diesem Thema aus: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen? Was ist bei der Antragstellung selbst zu beachten? Nicole Hegmann gibt darüber hinaus einen Einblick in ihre eigenen Erfahrungen mit dem Thema Rente. 

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Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Ratgeber für Menschen mit Behinderungen

Sozialverband Deutschland e. V: Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderung

Quellenangaben

Ihre Vorsorge – Eine Initiative der Deutschen Rentenversicherung und der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. Erwerbsminderungsrente: Wer wieviel bekommt. Abruf am 01.09.2022 von https://www.ihre-vorsorge.de/rente/gesetzliche-rente/erwerbsminderungsrente.html 

Deutsche Rentenversicherung. Erwerbsminderungsrente: Das Netz für alle Fälle. Broschüre 17. Auflage (7/2022). Abruf am 05.09.2022 von https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/national/erwerbsminderungsrente_das_netz_fuer_alle_faelle.html?nn=94297aa2-0b79-4c7f-adbb-6123453cb440 

Deutsche Rentenversicherung. Erwerbsminderungsrenten. Abruf am 05.09.2022 von https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/Allgemeine-Informationen/Rentenarten-und-Leistungen/Erwerbsminderungsrente/Erwerbsminderungsrente.html 

Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Ratgeber für Menschen mit Behinderungen. Ausgabe 2021. Abruf am 06.09.2022 von https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/a712-ratgeber-fuer-menschen-mit-behinderungen.pdf 

Sozialverband Deutschland e. V. Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderung. Broschüre. 4., überarbeitete Auflage. Januar 2021. Abruf am 07.09.2022 von https://www.sovd.de/fileadmin/bundesverband/pdf/broschueren/menschen_mit_behinderung/SoVD-Brosch%C3%BCre-Nachteilsausgleiche_2021-07-09.pdf 

Sozialverband VdK Deutschland. Grad der Behinderung (GdB). Abruf am 07.09.2022 von https://www.vdk.de/deutschland/pages/themen/artikel/9216/grad_der_behinderung_gdb 

Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen. Nachteilsausgleiche. Abruf am 08.09.2022 von https://www.bih.de/integrationsaemter/medien-und-publikationen/fachlexikon-a-z/nachteilsausgleiche/ 

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